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Bericht 34 --- China 4

  • jonasklein30
  • 5. Nov.
  • 6 Min. Lesezeit

*---Abschlussbericht China---*

21.11.24

Wir haben uns Entspannung gewünscht. "Einfach mal radln wie in Europa"

Der Satz ist bei uns häufiger gefallen. Und es ist tatsächlich passiert. Wir haben diese Auszeit gebraucht und konnten den letzten Monat sehr genießen.

Wir haben absolut nicht damit gerechnet das China zu unserem liebsten Reiseland der Tour würde, aber die Türkei hat es vom Thron gestoßen. Ausgerechnet die zwei Länder, die in Deutschland häufig sehr kritisch aus der Ferne beobachtet werden. Nicht nur von Medien, sondern auch aus privatem Umfeld, kenne ich eine sehr kritische Haltung. Aber naja, welches Land kommt dabei schon besonders gut davon? Natürlich wird auch vieles zurecht kritisiert, von dem wir als Touristen einfach nichts mitbekommen. Hier besonders, denn die englische Sprache spielt hier überhaupt keine Rolle. So bleibt uns nur zu beobachten, übersetzen per Handy, fleißig Podcast hören und Dokus schauen. Sehr häufig wünschen wir uns, dass diese sprachliche Barriere wegfallen würde, aber vielleicht hätte es dann auch nicht mehr den gleichen Reiz, den es aktuell für uns hat. Das viele Fragen ungeklärt bleiben, macht es eben auch interessant. Doch warum ist China jetzt unser favorisiertes Land?

*Natur*

Diese Vielfalt in der Natur haben wir in keinem anderen Land erlebt. Besonders dank der Berge, gab es ständige lokale Veränderung der Klimazonen. Wir haben sehr häufig nicht gewusst wie die Landschaft am nächsten Tag aussehen wird.

Erst bunt und herbstlich (im letzten Bericht),

dann brüchiger Stein plus Sand und anschließend extrem grün und richtig schwül. Teilweise trafen die Wechsel innerhalb weniger Minuten ein. Einmal konnten wir den Wechsel auf den Meter genau beobachten. Wir standen im subtropischen Bereich und konnten eine grüne Grenze erkennen, ab der alles tropisch grün war. Noch erstaunlicher wurde es als das gleiche Spiel wieder rückwärts lief, obwohl wir weiter Richtung Süden fuhren. Aber die Anhöhen und Täler haben wohl lokal, zu starken unterschieden bei Niederschlag und Temperatur geführt.

*Abwechslungsreich*

Besonders von Stadt zu Land. Hightech in den Städten und direkt daneben ganz einfaches bäuerliches Leben mit Reis, Mais und Erdnüssen. Die Städte voll moderner elektrischer SUVs und die ländlichen Räume voller Traktoren, TukTuks und LKWs zeigen nur sinnbildlich wie unterschiedlich das Leben ist. Für die Menschen vor Ort sicher weniger interessant, sondern eher ein extremes Gefälle von reich zu arm. Vielleicht haben die Bauern auch ausreichend zum Leben, dass können wir schlecht beurteilen. Auf jeden Fall leben sie ein sehr anderes Leben als die Städter. Ob es die Gesellschaft auch spaltet oder in diesem System weniger eine Rolle spielt? Keine Ahnung. Da fällt mir ein...wir haben dann doch eine Frau gefunden die Englisch gesprochen hat und im Auftrag der Regierung unterwegs war. Ihr Job Bestand darin, die wirtschaftlich schwachen Regionen mit schlechter Bildung als Lehrerin zu unterstützen. Laut ihrer Aussage bekommt sie eine extra Bezahlung dafür und man versucht das ganze Land auf einen Standard zu heben.

*Kulinarik*

So viele unterschiedliche Gemüsesorten. Viele davon haben wir zum ersten Mal in unserem Leben gegessen. Die Provinzen haben unterschiedliche Küchen, sodass es auch nach 2,5 Monaten nicht langweilig wird. Reis spielt dabei nicht die größte Rolle, sondern Nudeln sind wohl die Nummer 1. Dabei ist egal ob morgens, mittags oder abends. Wobei.... je weiter wir Richtung Süden fahren, desto mehr Reis wird angebaut und landet auch am Teller. Zudem sind alle 3 Mahlzeiten am Tag warm und das Essen wird überlicherweise geteilt. Es gibt selten eine Portion pro Person, sondern viele Schalen in der Mitte des Tisches. Häufig enthält es Fleisch, allerdings nur einen sehr kleinen Anteil, wie in den meisten Ländern die wir zuvor bereist haben. Wobei es in Europa, Türkei und Iran schon Gerichte komplett aus Fleisch gab.

Import scheint es nicht sonderlich viel zu geben. Die Produkte im Supermarkt scheinen alle aus China zu kommen. Gleiches haben wir vorher nur im Iran festgestellt.

*Kulturelle Vielfalt*

Wir haben aufgegeben, die Namen der ansässigen Bevölkerungsgruppen herauszufinden und uns zu merken. Häufig merkt man am Kleidungsstil bzw der Kopfbedeckung, dass wir auf eine weitere Minderheit gestoßen sind. 55 an der Zahl, sind in China offiziell anerkannt. Aber überall wurde am Abend zu lauter Musik im Kreis getanzt und dazu Senioren die Sport im Park machen. In einigen Geschäften waren die Besitzer im Bett hinter der Kasse am schlafen, andere nutzten die freie Zeit ohne Kunden für eine Sporteinheit in Form eines Tanzes zu lauter Musik mitten im Geschäft. Das Schamgefühl scheint hier auch ein anderes zu sein.

*Infrastruktur*

Beste Straßen auf denen niemand fährt.

Es passt nicht ganz in unser Verständnis, denn warum sollte man eine Straße neu errichten, wenn die Verbindung kaum genutzt wird? Wenn eine Straße oder Zugverbindung wenig genutzt wird, dann lässt man es in Europa langsam verfallen oder stellt es ein. Das läuft hier etwas anders. Egal wie klein das Dorf ist, es hat eine tolle Straße. Ob es gerecht ist, auf Dauer unbezahlbar wird oder sogar beides zeitgleich ist? Keine Ahnung. In der Türkei und im Iran war es ebenfalls sehr auffällig. Vielleicht wird auch einfach sehr viel ins Verkehrsnetz investiert. Unvergleichlich wird es, wenn man in eine chinesische Stadt einfährt. Egal ob 500.000 oder 5.000.000 Einwohner, es gibt eine 10-spurige Straße. 2 Spuren sind für Fahrräder und Elektroroller reserviert. Abgegrenzt von der Hauptstraße durch eine Baumreihe und einen riesigen Bürgersteig auf der anderen Seite. Dieser Weg führt meist bis zum Stadtrand, sodass wir sogar Kunming mit mehr als 5.000.000 Einwohnern ganz gemütlich durchfahren konnten. Wo man sonst den Blick stur auf die Straße richten würde, in der Hoffnung das man nicht von einen Auto oder LKW übersehen wird, konnten wir uns in Ruhe umschauen und die Stadt schon bei der Einfahrt erkunden. Für chinesische Verhältnisse ist Kunming allerdings auch sehr klein und die großen Städte entlang der Küste werden sicher nicht so entspannt sein. Die Hochgeschwindigkeitszüge haben wir nicht genutzt, sondern nur vorbeirauschen sehen. Ebenfalls ein starker Kontrast wenn man es aus einem kleinen Dorf voller Lehmhütten betrachtet. Wir konnten sehen wie unfassbar riesig der Energie- und Betonhunger dieses Landes ist. Überall wird gebaut und das nicht nur öffentlich, sondern auch privat. Einen Tag habe ich versucht die Betonmischer auf den Straßen und in den Vorgärten zu zählen. Bei 50 habe ich aufgehört. Auch Großprojekte wie Tunnel und Brücken sieht man täglich. Allerdings mit einem anderen Vorgehen als gewohnt. Einige Arbeiter haben aus einem alten Traktor einen Antrieb für eine Seilwinde gebaut. Damit wurde Zement auf den Berg transportiert um Fundamente für Strommasten zu gießen. Wenn in Europa bei einem staatlichen Projekt jemand mit seinem halben Traktor ankommt, würde man es wohl für einen schlechten Witz halten.

*Städte*

Ich kann mit Städten für gewöhnlich sehr wenig anfangen, aber hier ist es anders.

Lijiang, Dali und Kunming haben uns beiden sehr gut gefallen. Besonders Lijiang war sehr beeindruckend, wegen der tollen Altstadt und der großen Parkanlage.

Diese Weitläufigkeit habe ich als sehr angenehm empfunden. Keine eng gestauchten Menschenmassen, sondern reichlich Platz für jeden. Ob die Städte noch recht jung sind und daher so großzügig geplant werden konnten? Laut einem Podcast werden Gebäude hier maximal für 30 Jahre genutzt, daher ist man wohl auch in der Gestaltung sehr viel flexibler? Auch Umsiedlungen sind nicht selten.

*Hotels*

Auch die Hotels werden wir wohl sehr vermissen. Immer ein großes Buffet, an dem wir uns nach vielen Tagen Sport reichlich bedienen konnten. Auch hier war die Auswahl häufig ziemlich groß und wir wussten nicht was genau auf unserem Teller lag.

Die Toilette spült automatisch und ist beheizt (wir vergessen schon fast das spülen....etwas doof wenn eine Toilette mal nicht automatisiert läuft) Die Vorhänge schließen automatisch, wenn man den Raum betritt und der viel zu große Fernseher schaltet sich ein. Eine Art Tablet spricht einen auf chinesisch an. Dieses dient zur Unterhaltung aber auch für den Service. Im letzten Hotel konnte man sich Essen von einem Roboter aufs Zimmer bringen lassen.

Nicht das wir es als sinnvoll empfunden hätten, aber vielleicht tun es die Chinesen auch nicht, sondern mögen technische Spielereien?

*Menschen*

Wir wurden von einem Radreisenden vorgewarnt, dass sie so kalt und distanziert auf ihn gewirkt haben. Vielleicht ein anderer Eindruck, weil er alleine unterwegs war oder in einer ganz anderen Region? Aber wir können es absolut nicht bestätigen. Sehr fröhlich und mit großem Interesse gegenüber uns und den Rädern.

*Mode*

Dieser Punkt ist mir erst im Nachgang bewusst geworden. In den Dörfern und kleinen Städten haben wir lange nichts von Mode, Trends und sonstigen Idealen wahrgenommen. Maximal die deutschen Autos insbesondere Volkswagen fährt man wohl in ganz China sehr gerne. Ob als Statussymbol oder weil es dort recht günstig ist oder solide funktioniert? Die Modellpalette war auch eine andere.

Es änderte sich mit der Einfahrt nach Kunming. Auffällige Markenkleidung, viel Schminke und lauter gestellte Selfies. Das habe ich gar nicht so sehr vermisst die letzten Monate...

*Sonstiges*

-In Sichuan und Yunnan gab es auch kaum noch Überwachung. Zumindest nicht durch Beamte. Nur automatisierte Photos entlang der Straße.

-LKWs fahren Tag und Nacht. Mit Abstand den riskantesten Fahrstil und so sieht man auch sehr viele Unfälle. Mehr noch als in Zentralasien. Ob man hier das Risiko nicht so gut einschätzen kann oder die Bezahlung je Fuhre stattfindet? Würde beides passen.

-Alles ist doppelt eingepackt in Plastik. Nach einem Tag fahren wir einen großen Müllbeutel am Fahrrad mit uns rum. Auch die Packtaschen sind so voll wie nie zuvor, obwohl wir nicht mehr Reserven mit uns herum fahren. Man kommt sich etwas dumm vor wenn man den Müll mitnimmt obwohl der ganze Straßenrand voll damit ist. Das beobachten wir schon seit dem Süden Italiens, aber hier ist es extrem.

Auf nach Vietnam

Wir sind zum ersten Mal richtig nostalgisch, während wir ein Land verlassen. Wir haben eine sehr gute Route durch China gefunden und aus der Routenplanung von Zentralasien gelernt. Wenn Vietnam nur halb so gut wird, bin ich zufrieden :-)

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