Bericht 32 --- China 2
- jonasklein30
- 5. Nov.
- 4 Min. Lesezeit
*Bericht Tag 217*
07.10.24
Fangen wir mit den schlechten Nachrichten an:
-Unsere Isomatten sind defekt, obwohl wir sie gerade am meisten brauchen.
-Die Reisverschlüsse vom Zelt funktionieren sehr eingeschränkt.
-Unsere Helme sind weg. Haben sie bei der Hektik einer Polizeikontrolle im Bus vergessen.
-Die Nächte sind weit unter 0°C und wir versuchen uns mit heißem Flaschen im Schlafsack warm zu halten. Fast schon wieder positiv, weil man sich abends so auf den warmen Schlafsack freut, während man im Hagel sein Abendessen runter schlingt 😃
Trotzdem haben wir die vergangenen 6 Tage in der Wildnis gut gemeistert. So ausgesetzt waren wir nicht einmal am Pamir Highway. Es scheint eher so, als wäre dieser nur eine Übung für die tatsächliche Herausforderung gewesen. Wir profitieren schon stark von den Erfahrungen, die wir dort gesammelt haben. Zudem sind die Magenprobleme weg oder sagen wir deutlich geringer und wir sind gut aklimatisiert.
Wir sind bei tollem Wetter in Golmud auf knapp 3000 Metern gestartet. Eine Stadt die wohl nur wegen Tourismus und dem Abbau wichtiger Ressourcen/Bodenschätze existiert. Das trifft bisher auf die meisten Städte in dieser Höhe zu.
Mit rund 200.000 Einwohnern kann man in China auch von einem Dorf sprechen.
Wir haben mit etwa 4 Tagen ohne Hotel und Einkaufsmöglichkeit gerechnet und hatten daher die Packtaschen gut gefüllt.
3,0kg Haferflocken
1,5kg Buchweizen
1,5kg Reis
1,2kg Pasta
1,0kg Tomatensoße
0,5kg Nüsse
0,5kg Trockenfrüchte
0,5kg Kekse
0,3kg Erdnuss-Sesam-Paste 24 kg Wasser
1kg Gas
= 35kg Gesamt
Im Moment in dem wir die Hauptstraße nach Golmud verlassen hatten, wurde es auf einmal sehr ruhig. Von nun an sollten wir die nächsten Tage kaum noch einen Menschen sehen, dafür umso mehr Yaks, Kiangs (Tibet-Wildesel), Tschiru (Tibet-Antilope), Qinghai-Wühlmäuse und in der Nacht das Gejaule der Wölfe hören. Uns wurde noch empfohlen eine Fackel aufgrund von Wölfen und Bären zu zünden, aber wir hatten zufällig keine dabei.
Nach 3 Tagen in der prallen Sonne haben wir etwas vertrauen in die unbekannte Region aufgebaut und finden einen traumhaften Zeltplatz auf 4600 Metern Höhe. Wir sind ein wenig erstaunt wie glatt es doch läuft und wie traumhaft schön die selbst geplante Tour ist.
In einer Idylle aus Fluss und Weideland, mache ich mir die ersten sehr groben Notizen für diesen Bericht:
"
Die Berge zeigen sich erstaunlich zahm für diese Höhe und Jahreszeit.
Wir waren fast etwas übervorsichtig, mit den Erfahrungen die wir hauptsächlich in Europa gesammelt haben. Wie schnell dort das Wetter umschlägt. Hier bekommen wir für mehrere Tage keinen Wetterbericht mit also auch keine Unwetterwarnung.
Die Temperaturen sind natürlich nachts unter 0 und Tags hatten wir bislang häufig 10 Grad. Die Sonne steht noch extrem steil und hat unfassbare Kraft.
Durch die Kälte ist der Blick auf die benachbarten Berge sehr klar.
"
Bevor ich ins Zelt verschwinde, wundere ich mich noch, warum es so auf einmal so extrem düster wirkt....
Mitten in der Nacht wird es uns dann klar. Die ersten sturmartigen Böhen setzen ein und es beginnt zu hageln und zu schneien. Wir hatten beide ordentlich Angst ob die dünne Plane plus extra leichte Metallstangen der Belastung Stand halten. Also einige Stunden wach liegen, weil die Nacht ohnehin 12 Stunden andauert. Am Morgen waren wir beide ein wenig erleichtert, doch der Blick aus dem Zelt verrät, dass unser Problem noch nicht vorrüber ist. Auf dem aufgewärmten Boden ist kaum Schnee liegen geblieben, aber der Himmel ist immernoch düster. Wir beschließen im Zelt zu frühstücken....toller Start in meinen 32ten Geburtstag 😕 doch 2 Stunde später sieht das ganze schon anders aus. Viele schneebedeckte Bergspitzen und lauter kleine Wolken, nur wenige hundert Meter über uns. Durch die Verdunstung der kräftigen Sonnenstrahlen entstehen viele Nebelschwaden und das ausgetrocknete Weideland bekommt einen ganz neuen Anstrich verpasst. Plötzlich wirkt es viel mehr wie ein Geschenk, anstatt einer Bestrafung. So schnell kann es sich ändern. Es sind die Höhen und Tiefen, welche diese Tour so besonders machen.
Der Oktober ist sicher nicht die ideale Zeit fürs Hochgebirge, denn die Tage sind kurz, die Weiden vertrocknet und die Nächte eiskalt. Aber Schnee ist wesentlich angenehmer als Regen und die kalte Luft lässt uns viele hunderte Kilometer in die Ferne schauen. Auch Tagsüber bei Plusgraden neigt es zu Schnee und leichtem Hagel, was eher belustigend ist im Vergleich zum starken Regenfall des Sommers. Immerhin ist mein Geburtstag (Tag 4) noch recht harmonisch geendet :) an Tag 5 und 6 durften wir noch vor einem Unwetter davon radln. War auf jeden Fall ein guter Motivator für die heftige Schlussetappe.
Doch selbst an Tag 6 als uns Nahrungsmittel und Motivation langsam aus gehen, hält die Tour noch eine Überraschung bereit. Ein tibetisches Klosterdorf. Es sieht so anders und ungewohnt aus, dass wir uns zu Beginn gar nicht trauen ins Dorf rein zu fahren. Wir beobachten erstmal alles mit gehörigem Respekt vom Rand des Dorfes, denn wir werden ebenfalls von den Menschen mit sehr viel Respekt und Achtung begrüßt. Zudem wird sich diese Gelegenheit noch häufiger auf dieser Tour bieten.
Am Abend haben wir noch genau eine Mahlzeit über, als wir bei 3° C und Regen im Zieldorf auf 4200 Metern Höhe einrollen. Obwohl wir Nachts mit Hunger im Zelt aufwachen, weil wir diesen enormen Energiebedarf bei Kälte, Höhe und Höhenmetern einfach nicht stillen konnten. Schon gar nicht für die 12 Stunden im Zelt. Abeeeeeer.....
......Die heiße Dusche im Hotel und das Restaurant danach, werden wir ganz sicher nicht mehr vergessen.
Zum Schluss bleibt nur noch zu sagen, dass ein neuer Abschnitt der Reise begonnen hat. Ohne das es geplant oder vorhersehbar war, ist der Ehrgeiz etwas gesunken. Zu Beginn habe ich mich dagegen gewehrt, weil es mir Angst gemacht hat. Vergeht die Lust an der Reise? Sind es zu viele Eindrücke? Aber ich glaube es ist einfach Zeit für etwas Entschleunigung und geringere Erwartungen.
Charlotte: Ich hätte nie gedacht das wir überhaupt so weit kommen. Die zweite Hälfte der Reise möchte ich einfach genießen.


































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