Bericht 24 --- Die Verwirrung ist perfekt
- jonasklein30
- 5. Nov.
- 4 Min. Lesezeit
Tag 112
26.06.24
Ordentlich verhüllt und mit 3000 Dollar im Gepäck, haben wir uns auf den Weg zur Grenze gemacht. Es lief ziemlich reibungslos, sodass wir nach 2 Taschenscans und einem kurzen Gespräch einen Stempel auf einem separaten Papier, nicht im Reisepass, hatten. Ob man es den Reisenden erleichtern möchte, damit man nachträglich kein Reiseverbot in anderen Ländern bekommt? Bei über 30 Grad ging es vom Grenzübergang über eine kleine Straße rauf in die Berge. Die grüne Landschaft Armeniens schien auf einen Schlag ein Ende zu haben. Eine sehr karge Landschaft, vereinzelt mit vertrockneten Gräsern. Doch bereits auf 1000 Metern über dem Meer verändert sich die Landschaft wieder. Es ist sehr schwer einzuschätzen was einen erwartet, daher lassen wir es immer mehr bleiben. Nicht nur bezüglich Natur, sondern auch Streckenverlauf, Klima und Wetter sind kaum vorhersehbar. Sogar ganz alltägliche Dinge sind nicht vorhersehbar oder planbar:
*Geld abheben*
Wir wussten, dass wir Dollar in bar mitnehmen müssen, weil der Iran aufgrund von Sanktionen vom Swift-System getrennt ist.
Aber jetzt zum Ablauf wie wir tatsächlich die Iranische Währung "Rial" gekommen sind:
-Man muss an der Glastüre einer Bank so lange klopfen bis jemand die Türe öffnet.
-Wir bekommen mitgeteilt, dass ein Geldwechsel erst in 300km bei einer offiziellen Stelle möglich ist.
-Wir beobachten den Bankmitarbeiter wie er 5 Telefonate führt, dann dürfen wir unerwartet doch die Bank betreten
-Dann stehe ich endlich drinnen und es diskutieren 4 Männer über den unüblichen Tausch von 100 Dollar in Rial.
-10 Minuten später habe ich das Geld in der Hand doch soll noch kurz warten. Es stellt sich raus, das ein Mitarbeiter es für eine Fälschung hält. Ein anderer Kunde in der Bank ruft, dass er den Schein sehen möchte. Er sagte es wäre ein Original und ich darf die Bank mit 55.000.000 Rial verlassen.
*Ein Brot kaufen*
Das frisch gewechselte Geld will schnell ausgegeben werden, weil der Wert sich schnell verändern kann. Das einzige Brot im Markt ist so groß wie meine Packtasche am Fahrrad und kostet 250.000 Rial. Das entspricht etwa 30 Cent und hat uns 3 gute Mahlzeiten beschert.
Als ich es mit einem Spanngurt aufs Fahrrad binden wollte, weil das riesige Brot nirgends Platz gefunden hätte, werden wir vom Besitzer des benachbarten Supermarktes aufgefordert, es in einen Einkaufswagen zu legen.
Die zwei Männer an des Kasse packen es aus und besprühen es mit einer Wasserspritze.
Es wird wohl komplett trocken ausgeliefert damit es länger hält, vermuten wir zumindest. Wir konnten ja nicht nachfragen, weil wir in Farsi nur "Hallo" und "Danke" sagen können.
Am Abend hätten wir uns gewundert und das trockene Brot wie Chips gegessen, aber es wäre auch nicht das schlechteste Essen der Reise gewesen. Das waren Pasta mit 500 Gramm Tomatenmark.
*Einladung*
Zur Mitte des zweiten Tages bekommen wir eine Einladung zum Abendessen. Mohammed zeigt den Standort auf Google Maps. Wir fahren mit offline verfügbaren Karten dorthin, doch finden es nicht. Dafür haben wir 20 Kinder um uns herum, also alle die uns im Dorf gesehen haben. Als wir das kleine Dorf schon verlassen wollten, haben wir ihn auf den letzten metern doch noch getroffen. Sonst wären die 300 extra Höhenmeter zum Bergdorf umsonst gewesen.
Mohammed konnte sehr gut Englisch. Er hat uns einige kulturelle Dinge erklärt und wertvolle Tipps für die Reise gegeben. Wir wurden auch zur Übernachtung und einen weiteren Tag Sightseeing eingeladen. Die Übernachtung haben wir dankend angenommen und hatten am nächsten Morgen gleich nochmal die Möglichkeit ihn auszufragen.
Es ist nicht alles nachvollziehbar, aber es war sehr deutlich raus zu hören, wie entkoppelt die Regierung von den Bürgern ist. Es werden unterschiedliche Interessen verfolgt und man sieht sich nicht als eine Einheit. Die Einwohner akzeptieren es, solange sie nicht stark eingeschränkt sind. Also die meiste Zeit ein friedliches aneinander vorbei leben, so wie ich es verstanden habe. Beispielesweise sind WhatsApp und Instagram verboten, doch alle nutzen es mit einem VPN. An jedem 2ten Geschäft wird auf Instagram verwiesen und auch von Seiten der Politik wird es ebenfalls genutzt. Muss man nicht verstehen.
Es war die gleiche Herzlichkeit und Gastfreundschaft, wie wir sie in der Türkei erleben durften. Allerdings kann es auch zu Missverständnissen kommen, weil die Iraner nicht jede Einladung oder jedes Geschenk tatsächlich ernst meinen. Allerdings gibt es auch viele ehrliche Einladungen, besonders für Reisende was es sehr kompliziert macht. Wen es interessiert, einfach Taarof bei Google suchen und ein paar Beispiele durchlesen. Vereinfacht gesagt, sollte man eine Einladung 2x ablehnen und erst beim dritten Mal zusagen. Es kann auch im Restaurant oder Supermarkt passieren, indem man gesagt bekommt, man bräuchte heute nicht zu zahlen.
Wir sind gespannt wie viele Missverständnisse noch auf uns warten, denn das waren nur die wichtigsten der ersten beiden Tage und einige haben wir wohl noch gar nicht bemerkt. Aber der kulturelle Unterschied ist hier viel größer als in allen Ländern zuvor.

Neben 3 Platten Reifen zur Ankunft im Iran darf auch ein großer technischer Defekt nicht fehlen. Ein Befestigung der Tasche hat sich gelöst und Drehmomentenabstützung und Bremsscheibe verbogen. Es ging erstmal nur mit Vorderradbremse weiter. Hier in Ardabil konnte ich die Bremsscheibe mit einer Zange wieder ganz gut richten. Nicht perfekt, aber sollte funktionieren. Passendes Ersatzteil müsste im Notfall aus Deutschland geliefert werden. Ist allerdings hier nicht so einfach.
















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